
Bilaterale III: Die beste Option, nun ist eine schlanke Umsetzung in der Schweiz nötig
14.11.2025
Auf einen Blick
Am 31. Oktober 2025 ist die Vernehmlassung des Bundesrats zu den Bilateralen III zu Ende gegangen. economiesuisse unterstützt das dritte bilaterale Vertragspaket mit der EU klar und erachtet die darin enthaltenen Abkommen als solide Grundlage für die Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs. Darüber hinaus stellt die Schweizer Wirtschaft zentrale Forderungen für die inländische Umsetzung. Der interne Vernehmlassungsprozess mit den Mitgliedern von economiesuisse hat gezeigt, dass die Bilateralen III von allen Optionen die beste ist und die Vorteile des Vertragspakets klar überwiegen.
Das Wichtigste in Kürze
Im September 2025 hat der Vorstand von economiesuisse die Vernehmlassungsantwort zu den Bilateralen III verabschiedet und unterstützt das dritte Vertragspaket mit der EU klar. Die darin enthaltenen Abkommen bilden eine solide Grundlage für die Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs. Neben der Aktualisierung der bestehenden Binnenmarktabkommen begrüsst economiesuisse insbesondere auch die langfristige Teilnahmemöglichkeit der Schweiz am EU-Forschungsprogramm sowie das Stromabkommen. Bei der inländischen Umsetzung hat die Wirtschaft zentrale Forderungen an die Politik. So muss die Umsetzung der Abkommen in der Schweiz schlank, unbürokratisch und unternehmensfreundlich erfolgen. Dabei ist der vorhandene Spielraum zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Von allen Alternativen ist die Fortführung des bilateralen Wegs mit den Bilateralen III aus Sicht der Schweizer Wirtschaft klar die vorteilhafteste Option. Angesichts der steigenden geo- und handelspolitischen Unsicherheiten sind stabile vertragliche Beziehungen zur wichtigsten Partnerin der Schweiz eine strategische Notwendigkeit. Die Klärung der institutionellen Fragen ist eine Voraussetzung, um die bestehenden Binnenmarktabkommen zu aktualisieren und neue Abkommen sowie Kooperationen im Interesse der Schweiz abzuschliessen. Insgesamt sind die Konzessionen der Schweiz im Rahmen der Bilateralen III verkraftbar. Insbesondere nehmen die Handlungsfähigkeit und Rechtssicherheit gegenüber heute zu. Die Vorteile der Bilateralen III überwiegen in einer Gesamtsicht klar.
Position economiesuisse
economiesuisse unterstützt das aussenpolitisch mit der EU ausgehandelte Vertragspaket der Bilateralen III. Die Schweizer Wirtschaft ist mit der inländischen Umsetzung im Grundsatz einverstanden und stellt dazu folgende zentrale Forderungen:
- Es braucht eine schlanke, unternehmensfreundliche Umsetzung der Abkommen in der schweizerischen Gesetzgebung ohne sachfremde Massnahmen.
- Der liberale Arbeitsmarkt muss gewahrt bleiben. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahme 14 im Bereich des Kündigungsschutzes wird abgelehnt. Die inländischen Lohnschutzmassnahmen 1–13 werden als Paket gutgeheissen und müssen integral verabschiedet werden.
- Die Ausgestaltung der im Freizügigkeitsabkommen konkretisierten Schutzklausel muss insbesondere hinsichtlich ihrer kantonalen Umsetzung vertieft überprüft werden. Dabei ist sicherzustellen, dass auch die kantonalen Sozialpartner systematisch in den Anrufungs- bzw. Entscheidungsprozess einbezogen werden.
- Die Anwendung der Massnahmen zur Schutzklausel muss sich auf den Geltungsbereich des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) beschränken.
economiesuisse wird eine finale Beurteilung des Gesamtpakets vornehmen und eine entsprechende Parole fassen, sobald die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen sind.

Nächstes Etappenziel bei den Bilateralen III ist erreicht
Vernehmlassung zu den Bilateralen III abgeschlossen
An seiner Sitzung vom 13. Juni 2025 hat der Bundesrat das Vertragspaket der Bilateralen III gutgeheissen und die Vernehmlassung dazu eröffnet. Diese wurde am 31. Oktober 2025 abgeschlossen.
Im Rahmen der Vernehmlassung hat der Bundesrat auf einer Website für interessierte Kreise sämtliche Abkommenstexte, die Bundesbeschlüsse zur innerstaatlichen Umsetzung, den Erläuternden Bericht, die aktualisierten Faktenblätter, ein FAQ, Studien zu den Auswirkungen des Pakets und weitere relevante Dokumente aufgeschaltet.
Am 4. September 2025 hat der Vorstand von economiesuisse die Vernehmlassungsantwort zu den Bilateralen III verabschiedet und unterstützt das Paket klar. Die Vernehmlassungsantwort wurde in den zuständigen Kommissionen und Arbeitsgruppen erarbeitet und erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedern von economiesuisse.
Das vorliegende dossierpolitik orientiert sich an der Stellungnahme von economiesuisse zur Vernehmlassung und stellt neben der Positionierung zu einzelnen Vertragsbestandteilen die Forderungen der Schweizer Wirtschaft für die inländische Umsetzung ins Zentrum. Es ist entlang der nachfolgenden Unterkapitel gegliedert:
- Warum wir heute über die Bilateralen III diskutieren.
- Wie economiesuisse das Vertragspaket beurteilt und welches die zentralen Forderungen der Schweizer Wirtschaft für die inländische Umsetzung sind.
- Warum die Bilateralen III für die Schweiz die beste aller Optionen sind.
- Weshalb die Vorteile des Vertragspakets klar überwiegen.
- Fazit: Warum wir den bilateralen Weg weitergehen müssen.
Falls Sie einen detaillierteren Einblick in die einzelnen Bestandteile des neuen Vertragspakets erhalten möchten, empfehlen wir Ihnen die Lektüre unseres Dossierpolitik «Bilaterale III: Den Schweizer Weg weitergehen» vom Februar 2025. Zudem helfen auch die aktualisierten Faktenblätter des Bundes, sich rasch einen guten Überblick über die einzelnen Vertragsinhalte zu verschaffen.

1. Warum diskutieren wir heute über die Bilateralen III?
Der bilaterale Weg hat sich für die Schweiz als Erfolgsweg erwiesen
- 1999 hat die Schweiz bilaterale Verträge mit der EU abgeschlossen, die ihr einen hindernisfreien Zugang zu Teilen des EU-Binnenmarkts ermöglichen.
- Die fünf Binnenmarktabkommen der Bilateralen I decken die Bereiche Personenfreizügigkeit, Technische Handelshemmnisse (MRA), Landverkehr, Luftverkehr und Landwirtschaft ab.
- 2004 folgte mit den Bilateralen II das zweite bilaterale Vertragspaket mit der EU, welches das Schengen- & Dublin-Abkommen beinhaltet.
- Das Schweizer Stimmvolk hat den bilateralen Weg seit 2000 in insgesamt elf Volksabstimmungen wiederholt bestätigt.
- Der bilaterale Weg ist ein zentraler Wohlstandsfaktor für die Schweiz. Seit Unterzeichnung der Bilateralen I im Jahr 1999 haben Produktivität, Wohlstand und Freizeit pro Kopf in der Schweiz stetig zugenommen.
Der Status quo bedeutet Erosion – es braucht die Bilateralen III
- Seit 2010 macht die EU die Klärung institutioneller Fragen zur Voraussetzung für die Aktualisierung der fünf Binnenmarktabkommen von 1999 sowie den Abschluss neuer Abkommen und Kooperationen.
- Dazu gehören die Verankerung einer dynamischen Rechtsübernahme und eines Streitbeilegungsmechanismus im Geltungsbereich der Binnenmarktabkommen.
- Nach dem Scheitern der Verhandlungen über das Rahmenabkommen im Mai 2021 kam es zu einer Erosion der Bilateralen I und II (siehe unten stehende Box und auch Dossierpolitik vom Februar 2022). Diese Blockade hat dem Wirtschaftsstandort Schweiz geschadet.
- Die Schweizer Wirtschaft hat ein grosses Interesse daran, dass die bestehenden Binnenmarktabkommen zeitnah aufdatiert werden und damit ihren Wert behalten. Zudem ist die Schweiz auf neue Abkommen und Kooperationen mit der EU angewiesen (z.B. in den Bereichen Strom oder Forschung).
- Nur mit den Bilateralen III wird es möglich sein, den massgeschneiderten bilateralen Weg fortzuführen und eine weitere Erosion der bestehenden Verträge zu verhindern.
Abbildung 1

Medtech-Branche als konkretes Beispiel für die Erosion des bilateralen Wegs
- Das Abkommen zum Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA) umfasst die gegenseitige Anerkennung von Normen in 20 Produktsektoren. Im Jahr 2023 deckte das MRA ein Exportvolumen von über 96 Milliarden Franken ab (etwa 72 Prozent der Schweizer Industriegüterexporte in die EU).
- Die Schweizer Medtech-Branche hat den barrierefreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt bereits 2021 verloren. Deshalb müssen Schweizer Medtech-Unternehmen (95 Prozent davon KMU) ihre Produkte bis heute nach den erschwerten Bedingungen für Drittstaatsunternehmen in die EU exportieren.
- Gemäss einer Umfrage berichtet eine Mehrheit der Medtech-Firmen aufgrund des Wegfalls des MRA von einem eher hohen oder sehr hohen zusätzlichen Aufwand.
- Nach der Medtech-Branche drohen als Nächstes die Maschinen-, Bau- und Pharmaindustrie den barrierefreien Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren.
Aufgrund der hohen Bedeutung dieser Branchen für den Industriestandort Schweiz dürften die Anpassungskosten die Milliardenschwelle übersteigen (siehe Analyse von Avenir Suisse). Das ist Geld, das für Investitionen in innovative Produkte und den Standort Schweiz fehlen würde.

2. Vertragspaket Bilaterale III – Beurteilung und Forderungen zur inländischen Umsetzung
Paketansatz Bilaterale III
- Die Bilateralen III umfassen neben der Aktualisierung der fünf bestehenden auch den Abschluss von zwei neuen Binnenmarktabkommen sowie verschiedene Kooperationen. Dabei geht es um die Bereiche Strom, Lebensmittelsicherheit, Forschung, Bildung, Weltraum und Gesundheit, die Verstetigung des Schweizer Kohäsionsbeitrags sowie die Wiederaufnahme des Dialogs über die Finanzmarktregulierung mit der EU.
- In der nachfolgenden Übersichtsgrafik werden sämtliche Elemente des Vertragspakets der Bilateralen III dargestellt:
Abbildung 2

- Die institutionellen Fragen (dynamische Rechtsübernahme, Streitbeilegung) wurden nicht in einem grossen Rahmenvertrag (horizontaler Ansatz), sondern innerhalb der Binnenmarktabkommen (ausgenommen Landwirtschaft) einzeln geregelt (vertikaler, sektorieller Paketansatz). Dieser Ansatz trägt den Eigenheiten der einzelnen Abkommen besser Rechnung.
- Mit dem Vertragspaket der Bilateralen III werden keine ganzheitlichen Verknüpfungen zwischen alten und neuen Abkommen (keine «Super-Guillotine») geschaffen, wie das beim Rahmenabkommen noch vorgesehen war. Die Guillotine-Klausel der Bilateralen l bleibt jedoch weiterhin bestehen.
In den nachfolgenden Abschnitten werden die institutionellen Elemente sowie die einzelnen Abkommen und Kooperationen in aller Kürze beurteilt und die dazugehörigen Forderungen der Wirtschaft zur inländischen Umsetzung aufgelistet.
Institutionelle Elemente: Dynamische Rechtsübernahme
economiesuisse begrüsst die Aufnahme von institutionellen Regeln in die Binnenmarktabkommen. Diese schaffen Rechtssicherheit und stärken die Position der Schweiz gegenüber der EU.
Dynamische Rechtsübernahme gilt künftig nur für sechs von 140 Abkommen
- Die Dynamisierung der Abkommen liegt im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz. Sie garantiert den Schweizer Wirtschaftsakteuren Gleichbehandlung durch die EU – im Gegensatz zur heutigen Situation, in der die Schweiz EU-Recht oft autonom nachvollzieht.
- Die Anwendbarkeit der dynamischen Rechtsübernahme im Rahmen der Bilateralen III ist stark limitiert. Sie gilt nicht flächendeckend, sondern ist auf vier bestehende und die zwei neuen Binnenmarktabkommen beschränkt.
- Die Schweiz übernimmt im Rahmen der Bilateralen III 95 EU-Rechtsakte (61 davon betreffen die Lebensmittelsicherheit). Diese sind in den Abkommen klar und abschliessend aufgelistet (siehe Übersicht des EDA).
- Die Schweiz übernimmt damit weniger als ein Prozent des EU-Binnenmarktrechts, während die EWR-Staaten sämtliche 14'000 Rechtsakte übernehmen müssen.
- Zudem gelten für die Schweiz zahlreiche Ausnahmen von der dynamischen Rechtsübernahme, beispielsweise das gesamte Landwirtschaftsabkommen.
Abbildung 3

Die dynamische Rechtsübernahme erfolgt nur mit Zustimmung der Schweiz
- Es gibt keinen Automatismus bei der Rechtsübernahme. Die verfassungsmässige Ordnung der Schweiz wird in jedem Fall respektiert.
- Bevor eine Rechtsübernahme vollzogen werden kann, muss auf Schweizer Seite jeweils das innerstaatlich zuständige Organ zustimmen (Volk, Parlament, Bundesrat, Departement oder Amt).
- Bei der dynamischen Rechtsübernahme gelten rechtlich dieselben Regeln wie bei allen Staatsverträgen: Grundsätzlich ist das Parlament für die Genehmigung zuständig. Es kann aber Kompetenzen für Detailfragen an den Bundesrat oder die Verwaltung auf die Verordnungsebene übertragen.
Dynamische Rechtsübernahme stellt keine Gefahr für die direkte Demokratie dar
- Bei den Schengen-/Dublin-Abkommen gilt die Pflicht zur dynamischen Rechtsübernahme bereits seit deren Inkrafttreten im Jahr 2008.
- Laut Aussagen der Bundesverwaltung gab es seit 2004 rund 460 Weiterentwicklungen bei Schengen, wovon gut 50 vom Parlament genehmigt wurden und drei vom Volk (biometrische Pässe, Waffenrecht, Grenzschutz). Bei Dublin gab es seit 2004 nur sechs Rechtsübernahmen, für fünf war das Parlament zuständig.
- Dieses Beispiel zeigt, dass die dynamische Rechtsübernahme in der Schweiz funktioniert, das Parlament seine Aufgaben als Gesetzgeber wahren und das Volk gegen Parlamentsbeschlüsse das Referendum ergreifen kann.
Institutionelle Elemente: Streitbeilegungsmechanismus
economiesuisse begrüsst die Einführung eines Streitbeilegungsmechanismus in den Binnenmarktabkommen. Dieser stärkt die Rechtssicherheit, schützt die Schweiz als kleinere Partnerin vor Willkür und liegt deshalb im Interesse der stark vernetzten Schweizer Wirtschaft.
- Der Mechanismus mit einem paritätisch zusammengesetzten Schiedsgericht entspricht den in anderen internationalen Abkommen der Schweiz vereinbarten Schiedsverfahren und hat sich bewährt.
- Die Kompetenzen des paritätischen Schiedsgerichts und die Rolle des EuGH bei der Interpretation von EU-Recht sind in den Verträgen klar umschrieben.
- Eine automatische oder generelle Zuständigkeit des EuGH besteht nicht. Dieser kann nicht von sich aus in einem Streitfall aktiv werden.
economiesuisse begrüsst die in den Abkommen enthaltenen Ausnahmen von der EuGH-Rechtsprechung.
Institutionelle Elemente: Ausgleichsmassnahmen
Streitfälle sollen möglichst auf politischem Weg im Gemischten Ausschuss gelöst werden. Werden infolge eines Schiedsgerichtsurteils verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergriffen, begrüsst economiesuisse die vorgesehene dreimonatige Frist vor deren Anwendung sowie die Möglichkeit, diese aufschiebende Wirkung auf Antrag zu verlängern.
- Ausgleichsmassnahmen, wie sie in den Binnenmarktabkommen nach einem Schiedsgerichtsurteil möglich sind, entsprechen bewährten Regelungen in Freihandelsabkommen der Schweiz mit Drittstaaten.
- Sie dienen dem Ausgleich der gegenseitigen Rechte und Pflichten und haben keinen Strafcharakter. Zudem müssen sie verhältnismässig sein. Die Frage der Verhältnismässigkeit wird vom paritätischen Schiedsgericht beurteilt – der EuGH hat kein Mitspracherecht.
- Allfällige Ausgleichsmassnahmen sind auf die Binnenmarktabkommen beschränkt. Das Landwirtschaftsabkommen ist davon ausgenommen.
- Eine Politik der «Nadelstiche» wie der Ausschluss der Schweiz vom EU-Forschungsrahmenprogramm durch die EU sind in Zukunft vom Geltungsbereich der bilateralen Abkommen ausgeschlossen.
Dies erhöht gegenüber heute die Rechtssicherheit und Planbarkeit für Schweizer Unternehmen.
Institutionelle Elemente: Teilnahme an Vorbereitung von EU-Rechtsakten
economiesuisse begrüsst, dass die Schweiz künftig im Rahmen des «decision shaping» in die Vorbereitung der EU-Rechtsakte, die sie betreffen, einbezogen wird.
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Frühzeitiger und verbindlicher Einbezug der betroffenen Wirtschaftsakteure: Betroffene Branchen sollen bei der Vorbereitung zur Übernahme oder Änderung von EU-Rechtsakten, welche unter die dynamische Rechtsübernahme fallen, frühzeitig und verbindlich angehört werden.
- Frühzeitige Einbindung politischer Akteure: Alle relevanten politischen Akteure sollen frühzeitig und regelmässig über die zu übernehmenden EU-Rechtsakte informiert werden. Etwaige Unwägbarkeiten können so bereits mittels «decision shaping» bei der Beschlussfassung auf europäischer Ebene entschärft werden.
Eine detailliertere Analyse zu den institutionellen Elementen finden Sie auf den Seiten 3 bis 6 in der Stellungnahme von economiesuisse zum Vertragspaket.

Binnenmarktabkommen Personenfreizügigkeit (FZA) inklusive Lohnschutz
- economiesuisse begrüsst die Fortführung und Modernisierung des Personenfreizügigkeitsabkommens.
- Die Personenfreizügigkeit ist für die in der Schweiz tätigen Unternehmen der wertvollste Vertrag und ein wichtiger Standortfaktor. Viele Branchen sehen sich mit einem ausgeprägten Arbeitskräftemangel konfrontiert und sind stark auf qualifizierte Arbeitskräfte aus dem EU-Raum angewiesen.
- Neu übernommen werden nur jene Teile der Unionsbürgerrichtlinie (UBRL), welche sich auf die arbeitsmarktorientierte Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit beschränken. Damit wird eine Einwanderung in die Sozialsysteme verhindert und Missbrauchsbekämpfung weiterhin möglich sein.
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Liberalen Arbeitsmarkt sichern – Massnahme 14 ablehnen: Der liberale Arbeitsmarkt muss gewahrt bleiben. Die inländischen Lohnschutzmassnahmen 1–13 werden als Paket gutgeheissen und müssen integral verabschiedet werden. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahme 14 im Bereich des Kündigungsschutzes wird klar abgelehnt.
- Kantonale Mitbestimmung bei Schutzklausel stärken: Die Ausgestaltung der im Freizügigkeitsabkommen konkretisierten Schutzklausel muss insbesondere hinsichtlich kantonaler Anrufungsrechte überprüft werden. Dabei müssen die kantonalen Sozialpartner systematisch in den Anrufungs- bzw. Entscheidungsprozess einbezogen werden.
- Schutzklausel auf AIG beschränken: Die Anwendung der Massnahmen zur Schutzklausel muss sich auf den Geltungsbereich des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) beschränken.

Binnenmarktabkommen zum Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA)
- economiesuisse begrüsst die geplante Aktualisierung des MRA ausdrücklich.
- Mit der Verankerung der institutionellen Elemente wird sichergestellt, dass künftig eine regelmässige und zeitnahe Aktualisierung des Abkommens an den relevanten EU-Acquis vorgenommen werden kann.
- Willkürliche Verweigerungen der Aktualisierung des Abkommens durch die EU, wie zum Beispiel im Bereich der Medizinprodukte, sind in Zukunft ausgeschlossen. Damit wird für die Unternehmen Rechtssicherheit geschaffen, die ihnen erlauben wird, in den Produktionsstandort Schweiz zu investieren.
Forderung der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Möglichst rasche Aktualisierung des MRA: Das MRA soll unabhängig vom Ratifikationsprozess möglichst rasch aktualisiert werden. Insbesondere müssen bis zum Inkrafttreten des aktualisierten Abkommens für Bereiche, in denen die Gefahr besteht, dass Schweizer Produkte unter den Drittlandstatus fallen (z.B. Maschinen und Bauprodukte), rasch Übergangslösungen gefunden werden.

Binnenmarktabkommen Landverkehr
- economiesuisse begrüsst, dass die im bestehenden Landverkehrsabkommen seit Langem vorgesehene Ausweitung auf den internationalen Personenschienenverkehr nun endlich umgesetzt wird.
- Für Schweizer Bahnreisende ist ein Ausbau des Angebots internationaler Zugverbindungen zu erwarten, was die klimaschonende Mobilität fördert.
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Arbeitgeberseite eng einbeziehen: Die Sozialstandards im internationalen Personenschienenverkehr müssen in enger Abstimmung mit den Arbeitgebern festgelegt werden.
- Keine unnötigen Markteintrittshürden: Die Durchsetzung der Sozialstandards darf keine unverhältnismässigen Markteintrittshürden schaffen. Den Gewerkschaften darf kein faktisches Vetorecht zugestanden werden.
- Keine Ausweitung der LSVA auf Lieferwagen: Die wirtschaftliche Tragbarkeit für Unternehmen muss bei künftigen Anpassungen der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) berücksichtigt werden und es darf keine Ausweitung auf Lieferwagen erfolgen.
- Keine Benachteiligung des Güterverkehrs: Der Güterverkehr auf der Schiene darf gegenüber dem Personenverkehr nicht benachteiligt werden und soll seine Attraktivität als Transportweg behalten.

Binnenmarktabkommen Luftverkehr
- economiesuisse begrüsst die Aktualisierung des Luftverkehrsabkommens. Damit kann die hervorragende internationale Anbindung der Schweiz auch in Zukunft gewährleistet werden.
- Dies betrifft insbesondere den Drehkreuzbetrieb der Swiss an den Flughäfen Zürich und Genf, aber auch wichtige Verbindungen an weiteren Landesflughäfen oder Flugplätzen.
Forderung der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Möglichst einheitlicher Rechtsrahmen: Die Schweiz muss die EU-Regeln im Luftverkehr in ihren nationalen Bestimmungen so umsetzen, dass einheitliche Rahmenbedingungen für die Luftfahrtunternehmen im gesamten EU-Binnenmarkt gelten. Die Schweizer Luftfahrtunternehmen profitieren von einem einheitlichen Rechtsrahmen.

Programmabkommen: Teilnahme an EU-Programmen für Forschung & Innovation
- economiesuisse begrüsst das Programmabkommen (EUPA) als Rechtsrahmen für die Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen ausdrücklich.
- Der vollständige und langfristig gesicherte Zugang zu EU-Programmen wie Horizon Europe, Digital Europe, ITER und Euratom ist für forschungsintensive Unternehmen und wissenschaftliche Institutionen ein wichtiger Standortfaktor.
Siehe hierzu auch die Studie von scienceindustries zum Mehrwert der EU-Programme für die Schweiz.

Programmabkommen: Teilnahme an EU-Bildungsprogramm
- Mit dem Programmabkommen (EUPA) hat die Schweiz künftig die Möglichkeit, am EU-Bildungsprogramm Erasmus+ teilzunehmen.
- Angesichts der angespannten Bundesfinanzen erscheinen die Mehrkosten einer Assoziierung von rund 147 Millionen Franken verglichen mit dem aktuellen Ersatzprogramm von Movetia unverhältnismässig hoch.
Forderung der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Verzicht auf Teilnahme an aktueller Programmperiode von Erasmus+: economiesuisse fordert, dass die Schweiz auf eine Teilnahme an der laufenden Programmperiode von Erasmus+ bis Ende 2027 verzichtet, sofern die dafür vorgesehenen zusätzlichen Mittel von rund 147 Millionen Franken zu Kürzungen im BFI-Bereich führen würden.

Teilnahme am EU-Weltraumprogramm
- economiesuisse begrüsst die Teilnahme der Schweiz an der EU-Agentur für das Weltraumprogramm (EUSPA) sowie am Public Regulated Service (PRS).
- Dank dem Abkommen können Schweizer Raumfahrtindustriefirmen ihre Systeme und Dienstleistungen weiterhin ohne Einschränkungen im europäischen Raumfahrtbereich einbringen.

Verstetigung des Schweizer Kohäsionsbeitrags
- economiesuisse akzeptiert den vorgesehenen Mechanismus für einen regelmässigen Kohäsionsbeitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten.
- Es liegt auch im Interesse der Schweiz, die wirtschaftlichen Unterschiede im EU-Binnenmarkt so zu verringern, dass die daran teilnehmenden Staaten zu attraktiven Zielmärkten mit höherer Kaufkraft heranwachsen (Beispiel Polen).
- Eine Aufstockung des gegenwärtigen Kohäsionsbeitrags der Schweiz für die Periode von 2030 bis 2036 auf 350 Millionen Franken jährlich rechtfertigt sich durch den hohen Wert der bilateralen Verträge (siehe auch BAK-Studie).
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Verabschiedung Kohäsionsbeitrag im ordentlichen Bundesbudget: Der finanzielle Beitrag der Schweiz muss im Rahmen des ordentlichen Bundesbudgets verabschiedet werden und unterliegt somit der Schuldenbremse.
- Vorzug für Public-Private Partnerships: Bei der Ausarbeitung der einzelnen Projekte sind die Wirtschaftsverbände eng einzubeziehen. Public-Private Partnerships mit der Wirtschaft sind zu bevorzugen.
- Regelmässige Wirkungsanalyse: Die finanzierten Projekte müssen regelmässig einer Wirkungsanalyse unterzogen werden.

Neues Binnenmarktabkommen Strom
- economiesuisse begrüsst das Stromabkommen ausdrücklich. Je besser die Schweiz in den europäischen Strommarkt integriert ist, desto resilienter, sicherer und günstiger ist ihre Stromversorgung. Insbesondere für die Industrie ist das ein wichtiger Standortfaktor.
- Das Abkommen stärkt die Versorgungssicherheit, verbessert die Netzstabilität und ermöglicht den optimalen Einsatz der flexiblen Schweizer Wasserkraft.
- Es senkt die Systemkosten um bis zu 1 Milliarde Franken jährlich, führt zu tieferen Strompreisen und vereinfacht den Übergang zu einem klimaneutralen Energiesystem.
- Die Interessen der Schweiz im Strombereich werden durch zahlreiche Ausnahmen wirksam abgesichert. So enthält das Stromabkommen keine Vorgaben zur Vergabe von Konzessionen für Wasserkraftwerke. Die Kantone sind in der Vergabe weiterhin frei.
- Die Position der Kunden wird gestärkt – KMU und Haushalte, die dies wollen, können künftig ihren Stromversorger selbst wählen.
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Unbürokratische Umsetzung: Die Umsetzung im Energiegesetz muss möglichst unbürokratisch erfolgen und die Komplexität der bestehenden Energiegesetzgebung muss verringert statt weiter erhöht werden.
- Keine Arbitrage: Die Wechselgebühren und -modalitäten in der Grundversorgung sind so zu gestalten, dass eine Ausnutzung von Preisunterschieden (Arbitrage) ausgeschlossen ist.
- Vorrang von Selbstregulierung: Der Bundesrat soll bei Stromlieferverträgen im freien Markt und Lieferantenwechsel nur dann eingreifen und Detailvorgaben machen, falls die Strombranche die Vorgaben nicht von sich aus erfüllt.
- Auktionen für die Wasserkraftreserve: Die Schweiz muss möglichst rasch zu den bewährten Auktionen für die Wasserkraftreserve zurückkehren. Dies entspricht nicht nur den EU-Vorgaben, sondern trägt auch zu einer volkswirtschaftlich effizienten Reservebildung bei.
- Keine weiterführenden inländischen Ziele: Das EU-Ziel zum Anteil erneuerbarer Energien für die Schweiz muss gemäss Zusicherung des Bundes unverbindlich bleiben. Die inländische Umsetzung muss im Rahmen des geltenden Stromgesetzes erfolgen und darf nicht zu weiterführenden inländischen Zielen, Anforderungen oder Massnahmen führen.


Aktualisierung Landwirtschaftsabkommen - Neues Binnenmarktabkommen Lebensmittelsicherheit
- economiesuisse begrüsst die Aktualisierung des Landwirtschaftsabkommens. Für die Schweizer Nahrungsmittelhersteller ist der über die Bilateralen I und II erzielte Marktzugang zentral. Es ist wichtig, dass die Anhänge des Abkommens (z.B. geografische Ursprungsbezeichnungen) aufdatiert werden können.
- economiesuisse begrüsst das Lebensmittelsicherheitsabkommen. Darin wird neu der Handel mit nichttierischen Lebensmitteln und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geregelt, ohne die Schweizer Standards oder die Eigenständigkeit der Agrarpolitik zu beeinträchtigen. Durch die Teilnahme an der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wird die Lebensmittelsicherheit in der Schweiz verbessert.
Forderungen der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Schlanke Umsetzung: Die verbleibenden Umsetzungsspielräume bei der Lebensmittelsicherheit müssen möglichst einfach und unternehmensfreundlich ausgestaltet werden.
- Zulassungsgebühren für Pflanzenschutzmittel: Die Schweiz soll im Gemischten Ausschuss auf kostendeckende Zulassungsgebühren für Pflanzenschutzmittel und einen unbürokratischen Bewilligungsprozess in der EU hinwirken.
- Redimensionierung BLV: Durch die Integration bei der Lebensmittelsicherheit entfallen Aufgaben oder werden an die EFSA und andere EU-Stellen übertragen. Eine Reduktion von Ausgaben und Personal beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ist daher sinnvoll.
- Einheitliche Deklarationspflichten: Die Deklarationspflichten für Lebensmittel sind möglichst zu vereinheitlichen, um Mehraufwand und Handelshemmnisse zu vermeiden.

Neues Kooperationsabkommen Gesundheit
- economiesuisse nimmt das neue Kooperationsabkommen im Bereich der Gesundheitssicherheit zur Kenntnis.
- Es stärkt die Zusammenarbeit mit der EU bei der Prävention von Krankheiten und ermöglicht die Teilnahme am Frühwarnsystem für grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen sowie beim Gesundheitsprogramm EU4Health im Bereich der Krisenvorsorge. Bereiche wie Tabak, Arzneimittel und die grenzüberschreitende Patientenmobilität sind ausdrücklich ausgeschlossen.
Forderung der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Keine Ausweitung auf weitere Gesundheitsbereiche: Das Kooperationsabkommen soll auch in Zukunft keinen Zugang zum EU-Gesundheitsbinnenmarkt schaffen und insbesondere keine grenzüberschreitende Patientenfreizügigkeit ermöglichen.
- Frühzeitiger Einbezug der Branche: Die Wirtschaft erwartet, bei einer möglichen Weiterentwicklung des Abkommens frühzeitig einbezogen zu werden.
- Effiziente Krankheitserregerüberwachung: Die Ausdehnung der nationalen Krankheitserregerüberwachung muss mit einem möglichst geringen administrativen und operativen Mehraufwand für Leistungserbringer erfolgen.
Überwachung von staatlichen Beihilfen
- economiesuisse begrüsst, dass die Aufnahme von EU-Regeln für staatliche Beihilfen auf die bestehenden Binnenmarktabkommen Luft- und Landverkehr sowie das neue Binnenmarktabkommen Strom beschränkt wird.
- Die Schweiz wird die Überwachung staatlicher Beihilfen selbst vornehmen können (sogenanntes Zwei-Pfeiler-Modell).
- Eine erhöhte Transparenz der Subventionen und Beihilfen in der Schweiz ist aus Wirtschaftssicht generell wünschenswert.
Forderung der Wirtschaft für die inländische Umsetzung:
- Keine Ausweitung: Die Beihilfenkontrolle muss wie vorgesehen auf die in den Abkommen festgelegten Sektoren beschränkt bleiben und darf nicht ohne völkerrechtliche Grundlage auf weitere Bereiche ausgeweitet werden.
- Spillover-Effekte vermeiden: Das neue Beihilferecht darf keine indirekten Auswirkungen auf nationale Förderinstrumente ausserhalb der betroffenen Sektoren entfalten.

3. Es gibt keine gleichwertigen Alternativen zum bilateralen Weg
Spätestens seit dem Brexit bietet die EU (abgesehen von der Schweiz) allen Drittstaaten, mit denen sie geografisch und wirtschaftlich eng verbunden ist, nur noch die folgenden drei Optionen an:
1. EU-Mitgliedschaft;
2. Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR);
3. Freihandelsabkommen (gemäss Handels- und Kooperationsabkommen mit UK)
In der folgenden Tabelle sind die Alternativen zum bilateralen Weg und deren Nachteile dargestellt:
Alternative
Nachteile gegenüber den
Bilateralen III
Assoziationsabkommen
(Modell San Marino und Andorra – EU)
- Steht der Schweiz aufgrund ihrer Grösse und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zur Verfügung.
Zollunion
(Modell Türkei – EU)
- Kein gleichberechtigter Zugang zum EU-Binnenmarkt (technische Handelshemmnisse)
- Schweiz könnte keine eigenständigen Freihandelsabkommen mehr abschliessen. Das ist nicht im Interesse unserer Exportwirtschaft.
Modernisierung Freihandelsabkommen von 1972
(Modell UK – EU)
- Kein gleichberechtigter Zugang zum EU-Binnenmarkt (technische Handelshemmnisse).
- In Verhandlungen würden die hohen Schweizer Agrarzölle und Agrarsubventionen sowie der mit der EU vereinbarte Preisausgleichsmechanismus für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte vermutlich zur Disposition gestellt.
- Das UK-EU-Abkommen enthält im Gegensatz zu den Bilateralen III ein institutionelles Kapitel zur Einhaltung gleicher Wettbewerbsvorschriften bei Sozial- und Umweltstandards.
EWR-Mitgliedschaft
(Modell Norwegen, Island und Liechtenstein – EU)
- Die Schweiz müsste das gesamte EU-Binnenmarktrecht ohne jegliche Ausnahmen übernehmen.
- Innenpolitisch zurzeit nicht mehrheitsfähig (siehe auch EWR-Nein bei Abstimmung von 1992).
EU-Mitgliedschaft
(Modell der 27 EU-Mitgliedstaaten)
- Nicht kompatibel mit unserem politischen System und Staatsmodell.
- Die Schweiz würde ihre eigenständige Handels- und Agrarpolitik verlieren.
- Die Schweiz müsste das gesamte EU-Binnenmarktrecht ohne jegliche Ausnahmen übernehmen.
- Innenpolitisch nicht mehrheitsfähig.
Nichtstun
(= Erosion / Stillstand)
- Die Option «gar nicht zu handeln» ist nicht im Interesse der Schweiz (siehe Kapitel 1).
- Folgen: Zunehmend eingeschränkter Binnenmarktzugang, bestehende Abkommen würden kontinuierlich an Wert verlieren. Neue Abkommen und Kooperationen im Interesse der Schweiz könnten nicht abgeschlossen werden.

Der bilaterale Weg ist für die Schweiz klar die beste aller Optionen
- Der bilaterale Weg geht weit über ein Freihandelsabkommen hinaus. Er regelt die Zusammenarbeit mit der EU in für die Schweiz zentralen Bereichen wie Handel, Forschung, Personenfreizügigkeit, Verkehr, Polizei und Justiz, Sicherheit, Landwirtschaft und vielen mehr.
- Die Bilateralen haben sich für die Schweiz als massgeschneiderte Lösung jenseits von EU-Mitgliedschaft, EWR-Beitritt und der Isolation entpuppt. Sie erlauben es unserem Land, in ausgewählten Bereichen sektorielle Binnenmarktabkommen mit der EU abzuschliessen.
- In jenen Bereichen, in denen wir einen besseren Marktzugang oder eine stärkere Zusammenarbeit anstreben, werden Verträge mit gemeinsamen Regeln abgeschlossen; wo dies nicht gewünscht ist, wird darauf verzichtet.
- So kann die Schweiz ihre Eigenständigkeit, die direkte Demokratie und den Föderalismus bewahren und dennoch von den wirtschaftlichen Vorteilen des EU-Binnenmarkts profitieren.
- Doch um den bilateralen Weg weiterzugehen, brauchen wir die Bilateralen III.
Neue Studie zeigt hohen Nutzen der bilateralen Verträge
- Zur Einschätzung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Bilateralen III liess der Bund fünf externe Studien erstellen.
- Sie zeigen, dass sich das Paket insgesamt positiv auf die Schweizer Volkswirtschaft auswirken würde (siehe insbesondere Ecoplan-Studie).
- Auch die aufdatierte BAK-Studie bestätigt den hohen Nutzen der bilateralen Verträge für die Schweizer Bevölkerung klar: Der durchschnittliche Wert beträgt im Jahr 2045 rund 5200 Franken pro Kopf (das entspricht etwa den durchschnittlichen Krankenkassenprämien für ein ganzes Jahr). Bis 2045 kumuliert ergibt dies einen Nutzen von rund 45’700 Franken pro Kopf.
- Dabei handelt es sich um eine konservative Schätzung. Der wirtschaftliche Nutzen des Vertragspakets dürfte noch weitaus höher liegen.

4. Die Vorteile der Bilateralen III überwiegen klar
Jeder bilateral ausgehandelte Staatsvertrag hat eine Nutzen- und Kostenseite. Es geht darum, eine Abwägung zu treffen. Aus Sicht von economiesuisse überwiegen die Vorteile der Bilateralen III klar. Der bilaterale Weg ist seit 25 Jahren ein Erfolg. Er trägt massgeblich zum Wohlstand und zur Wirtschaftskraft der Schweiz bei. Es liegt damit im Interesse des Standorts Schweiz, des Arbeitsmarkts, der Sozialwerke und der Bevölkerung, den bilateralen Weg mit den Bilateralen III fortzusetzen.
Starke Partnerschaft als richtige Antwort auf globale Umbrüche
- Zunehmende geopolitische Unsicherheit: Machtpolitik, Protektionismus und nationale Industriepolitik treten verstärkt auf, während der Multilateralismus an Gewicht verliert. Für die exportorientierte Schweiz bedeutet dies ein zunehmend unsicheres Umfeld mit unfairen Wettbewerbsbedingungen.
- Verletzlichkeit des Schweizer Erfolgsmodells: Als kleine, offene Volkswirtschaft hat die Schweiz überdurchschnittlich stark von globalen Regeln, freien Märkten und verlässlichen Handelsstrukturen profitiert. Wirtschaftspolitische Alleingänge – wie ungerechtfertigte US-Zölle auf Schweizer Industriegüter – verdeutlichen die Risiken für Schweizer Unternehmen.
- Strategische Notwendigkeit guter Beziehungen: In einem zunehmend unberechenbaren globalen Umfeld ist die Sicherung langfristig stabiler und planbarer Beziehungen zur EU von strategischer Bedeutung für die Schweiz.
- Gemeinsame Werte und Interessen: Die Schweiz und die EU sind geografisch, wirtschaftlich und kulturell eng verbunden. Gemeinsame demokratische Werte, offene Märkte und geteilte Sicherheitsinteressen bilden das Fundament einer nachhaltigen Partnerschaft.
Vertragspaket macht den bilateralen Weg fit für die Zukunft
- Erfolgreiches Partnerschaftsmodell: Der bilaterale Weg hat sich als pragmatische und erfolgreiche Grundlage der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU bewährt. Er ermöglicht eine enge Zusammenarbeit auf Augenhöhe und berücksichtigt die Eigenheiten beider Partner.
- Bereitschaft der EU für eine Fortsetzung: Die EU ist bereit, den bilateralen Weg fortzuführen, sofern die institutionellen Fragen geklärt werden – eine Chance, die die Schweiz entschlossen nutzen sollte.
- Zugang zu strategischen Zukunftsbereichen: Mit den Bilateralen III können bestehende Abkommen aktualisiert und neue Abkommen und Kooperationen in für die Schweiz zentralen Bereichen wie Forschung, Digitalisierung, Stromversorgung und Weltraum abgeschlossen werden.
- Risiken ohne vertragliche Stabilität: Ohne stabile und verlässliche Abkommen riskiert die Schweiz Blockaden in der Forschung und beim Strom sowie Hindernisse im Zugang zum EU-Binnenmarkt – mit spürbaren Folgen für Wohlstand, Versorgungssicherheit und Innovationskraft.
- Kosten und Effizienzrisiken bei Isolation: Fehlende Kooperation würde teure nationale Ersatzlösungen erfordern, Abhängigkeiten erhöhen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schwächen.
Finanziell sind die Bilateralen III für die Schweiz insgesamt ein gutes Geschäft
- Das Paket hat seinen Preis: Die Bilateralen III sind mit jährlichen Ausgaben von rund 1.4 Milliarden Franken für den Bundeshaushalt verbunden (siehe Erläuternder Bericht, Seite 858). Die beiden grössten Ausgabeposten betreffen die Teilnahme an EU-Programmen (ca. 950 Millionen Franken) und den Schweizer Kohäsionsbeitrag (350 Millionen Franken).
- Alternative Alleingänge sind teuer: Ohne Teilnahme an Horizon Europe wären erneut nationale Ersatzmassnahmen nötig, die mit ca. 650 Millionen Franken ebenfalls sehr teuer, aber weniger effizient sind. Gemeinsame europäische Zusammenarbeit schafft Mehrwert durch Synergien und Kollaborationseffekte.
- Kosten im Verhältnis zum Nutzen betrachten: Die Investitionen haben einen grossen Gegenwert. Die Teilnahme an Horizon Europe stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft. Der Kohäsionsbeitrag ist angesichts des hohen Nutzens der Binnenmarktabkommen für die Schweiz angemessen. Zudem leistet die Schweiz bereits heute einen Kohäsionsbeitrag von rund 130 Millionen Franken pro Jahr.
Teilübernahme der UBRL: Geringe praktische Auswirkungen zu erwarten
- Grosser Systemwechsel erfolgte 2002: Die jetzigen Änderungen stehen materiell in keinem Verhältnis zur Einführung der Personenfreizügigkeit. Die praktischen Auswirkungen der Teilübernahme der UBRL dürften gering bleiben.
- Sozialausgaben nehmen moderat zu: Die Teilübernahme der UBRL führt gemäss einer Studie des Bundes zu jährlichen Zusatzkosten von rund 110 bis 140 Millionen Franken auf Bundesebene, wobei der grösste Anteil auf die Sozialhilfe und die Mindereinnahmen bei den Studiengebühren fällt.
- Beim Familiennachzug verändert sich wenig: Neu hinzu kommt einzig der Anspruch auf Familiennachzug für eingetragene Partnerinnen und Partner sowie deren unterhaltsberechtigte Verwandte.
- Anspruch auf Daueraufenthaltsrecht besteht oft schon heute: Schon heute haben Angehörige von 17 EU- und EFTA-Staaten (z.B. Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal, Österreich usw.) Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung C (und somit ein Daueraufenthaltsrecht) nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz. Mit der Teilübernahme der UBRL wird der Anspruch auf ein Daueraufenthaltsrecht lediglich auf die übrigen EU-Staaten ausgedehnt.
- Eigenständige Schutzklausel als neues Instrument: Bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen hat die Schweiz mit der konkretisierten Schutzklausel ein neues Instrument zur Verfügung, das sie eigenständig aktivieren kann.
Handlungsfähigkeit und Rechtssicherheit nehmen gegenüber heute zu
- Souveränität bleibt erhalten: Die Schweiz entscheidet auch in Zukunft eigenständig, ob und wie sie Abkommen mit der EU abschliesst. Die Bilateralen III erlauben es, Interessen gezielt zu verhandeln, statt blind Regeln zu übernehmen – ganz im Sinne einer aktiven, souveränen Aussenpolitik.
- Direktdemokratische Rechte bleiben unangetastet: Die verfassungsrechtlich garantierten Volksrechte – insbesondere das Initiativ- und Referendumsrecht – bleiben mit den Bilateralen III vollständig bestehen.
- Streitschlichtung auf Augenhöhe: Mit dem paritätischen Schiedsgericht erhält die Schweiz erstmals ein neutrales, rechtlich verbindliches Verfahren zur Beilegung von Streitfällen mit der EU – ein wirksames Instrument zum Schutz vor willkürlichen Massnahmen innerhalb der bilateralen Abkommen.
- Selbstbestimmung beim autonomen Nachvollzug: Die Schweiz kann ausserhalb der sechs Binnenmarktabkommen wie bisher eigenständig entscheiden, ob sie sich an EU-Regeln orientiert oder eigene Standards setzt – so zum Beispiel bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder bei der Unternehmensverantwortung.

5. Fazit: Wir müssen den bilateralen Weg weitergehen
Das dritte bilaterale Vertragspaket erfüllt zentrale Anliegen der Schweizer Wirtschaft. Aus Sicht von economiesuisse wurden unter anderem folgende Punkte klar zum Vorteil des Wirtschaftsstandorts Schweiz geregelt:
- Der barrierefreie Zugang zum EU-Binnenmarkt wird im Geltungsbereich der bestehenden fünf Binnenmarktabkommen langfristig gesichert. ✅
- Die fortlaufende Erosion des bilateralen Wegs kann spätestens nach Inkrafttreten des neuen Vertragspakets vollständig gestoppt werden. ✅
- Die Rechtssicherheit wird dank der Sicherung des privilegierten Marktzugangs und der Einführung des Streitschlichtungsmechanismus verbessert. ✅
- Neue Binnenmarktabkommen für Strom und Lebensmittelsicherheit stärken die Versorgungssicherheit, den Marktzugang und den Konsumentenschutz. ✅
- Die Teilnahme am EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe und weitere Kooperationen stärken die Innovationskraft der Schweiz. ✅
economiesuisse ist mit der innenpolitischen Umsetzung im Grundsatz einverstanden und stellt dazu neben den abkommensspezifischen noch folgende zentrale und übergeordnete Forderungen:
- Es braucht eine schlanke, unternehmensfreundliche Umsetzung der Abkommen in der schweizerischen Gesetzgebung ohne sachfremde Massnahmen.
- Bei der künftigen inländischen Umsetzung ist der jeweils vorhandene Spielraum zu nutzen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Wirtschaftsstandorts zu stärken.
- Es ist wichtig, dass bei der künftigen dynamischen Rechtsübernahme keine über die EU-Regeln hinausgehenden Regulierungen verabschiedet werden.
- Die nationale Umsetzung bzw. Anwendung von EU-Recht muss möglichst unbürokratisch organisiert und der Aufwand für die Unternehmen so gering wie möglich gehalten werden.
- Die nationale Umsetzung muss so erfolgen, dass keine zusätzlichen Kosten und Personalressourcen in den zuständigen Verwaltungen, insbesondere auf Bundesebene aufgewendet werden müssen. Wo möglich sind diese verwaltungsintern zu kompensieren.
Weitere nützliche Informationen zu den Bilateralen III finden Sie auf unserer Website unter dem Schwerpunkt Europapolitik, in unserer offiziellen Stellungnahme, in unserem Faktencheck sowie unserem Europaticker.
Newsletter abonnieren
Jetzt hier zum Newsletter eintragen. Wenn Sie sich dafür anmelden, erhalten Sie ab nächster Woche alle aktuellen Informationen über die Wirtschaftspolitik sowie die Aktivitäten unseres Verbandes.


